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Die verkehrshistorische Landschaft um Dreilinden

Wenn man im Gebiet zwischen Kleinmachnow und Wannsee in der sog. Parforceheide spazieren geht, wo einst Friedrich II. von seinen Jagdschlössern Dreilinden und Stern aus Parforcejagden unternahm, findet man mehrere Schneisen, Trassen, Straßen, Schienen und Brücken mitten im Wald. Die Parforceheide - zwischen Berlin und Potsdam gelegen - war schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts (um genau zu sein: seit 1838) ein wichtiger Verkehrsbereich zwischen den beiden Städten.

1838 wurde die Stammbahn, die erste preußische Eisenbahn, von Berlin nach Potsdam gebaut. Sie teilte die Parforceheide in zwei Hälfte.

Ein anderer Verkehrsweg, der um die Jahrhundertwende entstand, ist der Teltowkanal. Er wurde ebenfalls quer durch die Parforceheide gebaut und durchschnitt das Gebiet ein zweites Mal. Insgesamt entstanden auf diese Weise 3 Teilstücke. Praktisch konnten die Nachfolger Friederichs II. dann nur noch in der südlichen Parforceheide jagen; allerdings ist diese dreimal so groß wie die nördliche.

Da in der Stadt Berlin um die Jahrhundertwende keine Freiflächen mehr vorhanden waren, entschied man sich recht schnell, die sehr viel Raum beanspruchenden Friedhöfe an den Stadtrand zu verlegen. So kam es zur Gründung zahlreicher "Waldfriedhöfe". Hier war die Bestattung jedoch sehr kostspielig, da nicht nur der Sarg mit Auto oder Kutsche lange Wege zurücklegen mußte, sondern auch das Trauergefolge.

Weil dieser Transport so teuer war, kam man auf die Idee ,eine zusätzliche Strecke als Anschluß an die Wannseebahn, welche 1874 von Wannsee nach Zehlendorf fertiggestellt wurde, durch die Parforceheide nach Stahnsdorf zu bauen. Dort lag einer der größten Waldfriedhöfe Berlins, nämlich der Stadtsynodenfriedhof. Diese Bahn (im Volksmund wegen der ungewöhnlichen Fracht Friedhofs- oder Leichenbahn genannt) verkehrte ab dem 3. Juni des Jahres 1913. Da
immer mehr Menschen ihre Toten nach Stahnsdorf überführten, benutzten auch mehr Angehörige, die die Grabstätten besuchten, die Friedhofsbahn. Ab den Zwanziger Jahren zog es auch Ausflügler nach Stahnsdorf, welche zum Beispiel vom Bahnhof aus zum Schloß Gütergotz wanderten. Aufgrund des Baus der Friedhofsbahn wurde die Parforceheide quasi in sechs Teile geteilt. Wegen der guten Bahnverbindung zur Innenstadt kamen viele Leute auf die Idee, sich in der Nähe des Bahnhofs Dreilinden (damals Kreuzungspunkt der Friedhofsbahn mit der Stammbahn) anzusiedeln. Die Kolonie Dreilinden entstand. Der Begriff Kolonie sollte ausdrücken, dass der Ort zu Wannsee gehört, obwohl er mehrere Meilen entfernt im Wald lag. Die Grundstücke waren preisgünstig, innenstadtnah gelegen und man wohnte noch in "Wannsee", einem hoch angesehenen Villenvorort. Wannsee und die Parforceheide (bis zur Stammbahn) wurden 1928 zu Berlin eingemeindet. In den Jahren 1935 bis 1940 wurde die Reichsautobahn gebaut. Die AVUS verlängerte man über Nikolassee hinaus zum projektierten Berliner Ring. Die Trasse durchquerte die Parforceheide sowohl parallel zur Stammbahn als auch parallel zur Friedhofsbahn. Dafür wurde sehr viel Wald gerodet. Der Ort Dreilinden lag jetzt mitten zwischen Verkehrschneisen von und nach Berlin. Die größenwahnsinnigen Verkehrsplanungen der Nationalsozialisten sahen vor, die Friedhofsbahn nach Teltow und Lichterfelde zu verlängern und mit einem großen Güteraußenring zu verbinden. Zu dieser Planung kam es wegen des 2.Weltkriegs nicht. Doch ist diese Planung dennoch nicht vom Tisch. Man denkt über ein neues Planfeststellungsverfahren nach. Seit der deutschen Teilung verlief die Grenze direkt an Dreilinden vorbei. Die bisherige Kolonie war von Wannsee abgetrennt und wurde jetzt Ortsteil von Kleinmachnow. Mit dem Mauerbau 1961 trat eine entscheidende Veränderung ein: die Friedhofsbahn wurde vollständig und die Stammbahn bis Düppel stillgelegt. Die Autobahn machte ab 1968 einen großen Bogen um Dreilinden: Weil die alte Trasse zu nah an der Grenze verlief, war eine Umgehung gebaut worden. Ein neuer Kontrollpunkt mußte eingerichtet werden. Der Teltowkanal wurde für den Schiffsverkehr gesperrt. Da Einsturzgefahr bestand, entschloß man sich 1976 beide Bahnhöfe der Friedhofsbahn zu sprengen. Die Stammbahn sowie die Wannseebahn wurden 1980 auf gesamter Länge stillgelegt. 1984, mit der Übernahme der S-Bahn von der BVG erfolgte Wannseebahn wieder in Betrieb genommen. Für die Stammbahn gab es lediglich eine Buslinie als Ersatz. Nach der Wende wurden der Rufe nach einer Wiedereröffnung der Stammbahn wieder lauter. Man vermisste eine schnelle Verbindung von Berlin nach Potsdam. Die Deutsche Bahn AG entwickelte ein Konzept, welches eine Nahverkehrs- "Hochgeschwindigkeitsstrecke" für 1999 vorsah. Wegen dem fehlendem Geld in Berlin und Brandenburg hat sich die Planung verzögert. Die Fertigstellung ist jetzt für 2015 geplant. Auch Dreilinden soll wieder einen Bahnhof erhalten. Die alte Autobahn wurde 1994 für Filmaufnahmen rekonstruiert und bis 1998 genutzt. Danach musste aber die Asphalttrasse dem Plan der Wiederherstellung der Parforceheide weichen. Der Teltowkanal wird im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit 17 ausgebaut, vergrößert und vertieft. Aber die Friedhofsbahn muß, wie im Stadtentwicklungsplan von 1998 festgelegt wurde, noch bis frühestens 2030 warten. Trotzdem bleibt eine Wiedereröffnung zwischen Wannsee und Dreilinden unwahrscheinlich. Lediglich die Strecke ab Dreilinden könnte im Zuge der Stammbahneröffnung reaktiviert werden. Sie soll als S-Bahn von Zehlendorf über Düppel und den Europarc Dreilinden bis nach Stahnsdorf und Teltow verlängert und an die 2005 eröffnete Teltower S-Bahn angeschlossen werden. Ein durchgehender Verkehr von Wannsee, über Stahnsdorf, Teltow, Lichterfelde, Potsdamer Platz bis nach Velten wäre dann möglich. Aber bis es soweit ist, müssen noch viele Behörden zustimmen und viele Gelder beschafft werden…

 


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